Predigt über die grenzenlose Liebe Gottes an uns Menschen vom Heiligen Abend 2025

Prophet Sacharja 2

5Als ich aufschaute, sah ich einen Mann.

Der hatte eine Messschnur in der Hand.

6Ich fragte ihn: »Wo gehst du hin?«

Er sagte: »Nach Jerusalem.

Ich will die Breite und Länge der Stadt ausmessen

und feststellen, wo die Stadtmauern verlaufen sollen.«

7Da trat der Engel, der mit mir redete, hinzu.

Ein anderer Engel kam ihm entgegen.

8Zu dem sprach er:

»Lauf zu dem jungen Mann mit der Messschnur und sag:

Jerusalem soll eine offene Stadt bleiben.

Denn viele Menschen und Tiere werden in ihr wohnen.

9So spricht GOTT:

Ich selbst werde um die Stadt herum eine Mauer aus Feuer sein.

Ich werde mit meiner Herrlichkeit

in ihrer Mitte wohnen.«

 

14Juble und freue dich, Tochter Zion!

Denn ich komme und werde in deiner Mitte wohnen.

So spricht GOTT.

15Wenn der Tag des Gerichts gekommen ist,

werden sich viele Völker GOTT anschließen.

Dann werden sie mein Volk sein,

und ich werde in deiner Mitte wohnen.

Daran sollst du erkennen,

dass es der Herr der himmlischen Heere ist,

der mich zu dir gesandt hat.

17Alle Welt schweige in der Gegenwart GOTTES.

Denn er tritt hervor aus seiner heiligen Wohnung.

 

Gott, wir stehen vor deinem Wort. Segne unsere Gedanken. Amen.

 

Liebe Gemeinde,

diese Worte aus dem heutigen Predigttext gehören zu einer Vision des Propheten Sacharja. Es ist eine Vision von der tiefen Verbundenheit aller Menschen mit Gott – eine Vision, die weit über unsere Dimensionen hinausreicht.

Schon die Verse, am Anfang der Vision, machen deutlich: Es geht hier nicht um eine kleine, ausgewählte Gruppe. Nicht um einige Fromme, nicht um viele Bekehrte, sondern um eine grenzenlose Gemeinschaft. Um die Zugehörigkeit der ganzen Menschheit zu Gott.

Sacharja sieht einen jungen Mann mit einer Messschnur. Er will den Raum ausmessen, den Ort begrenzen, den Platz berechnen für all jene, die mit Gott leben werden. Doch noch bevor er beginnen kann, wird er aufgehalten. Ein Engel sagt zu einem anderen:

„Lauf zu dem jungen Mann mit der Messschnur und sag:
Jerusalem soll eine offene Stadt bleiben.
Denn viele Menschen und Tiere werden in ihr wohnen.“

Und Gott selbst spricht:

„Ich werde um die Stadt herum eine Mauer aus Feuer sein.
Und ich werde mit meiner Herrlichkeit
in ihrer Mitte wohnen.“

Keine Mauern aus Stein. Keine Grenzen, die Menschen oder Tiere ausschließen. Gott selbst ist der Schutz – und zugleich die Mitte. Er ist um die Menschen herum und zugleich mitten unter ihnen. Er ist überall gegenwärtig.

Diese Vision der hebräischen Bibel dürfen wir als Christinnen und Christen leben. Denn auch wir glauben an einen Gott, der kommt. An einen Gott, der nahe ist, der in unserer Mitte wohnen will. Einen Gott, der alle Menschen annimm. Und sogar die Tiere haben in seiner Nähe ihren Platz.

Genau darüber erzählt die Weihnachtsgeschichte.

Das kleine Christkind in der Krippe ist heute Abend überall dort, wo Weihnachten gefeiert wird. Auch hier bei uns. Viele von euch haben eine Krippe zu Hause. Und vielleicht erinnert ihr euch noch an die Krippe eurer Kindheit.

Wenn ihr an eure Kindheit denkt – an die Krippe in eurem Elternhaus: Könnt ihr euch erinnern? Wie sah sie aus? Wonach roch sie, wenn sie aus der Schachtel geholt und aufgestellt wurde? Vielleicht nach Holz, nach Moos, nach Staub und Kerzenwachs?

Und könnt ihr euch erinnern, was dann passiert ist, als ihr nach einer ersten ehrfürchtigen Stille die Hand ausgestreckt habt? Als ihr die Figuren berühren wolltet? Als ihr mit ihnen spielen wolltet?

Was haben die Erwachsenen gesagt?

Vielleicht:
„Nimm sie ruhig. Spiel. Die Christkindfigur steht für Gott in unserer Mitte. Er ist auch für dich da.“

Oder vielleicht eher:
„Vorsichtig! Berühre nichts! Sonst ist es nicht mehr schön. Mach nichts kaputt!“

Für viele ist die Krippe etwas gewesen, was man nicht berühren durfte. Hochgestellt. In einer Ecke. Auf einem hohen Tisch, der für die Kinder unerreichbar war. Heilig, schön – aber fern. Nicht mitten im kindlichen Leben. Und später oft auch nicht mitten im Erwachsenenleben. Und nach Weihnachten kehrte das ganze ja sowieso wieder zurück – die Krippe in die Schachtel und auf den Dachboden und Jesus hinter die Kirchenmauern. Na ja – die Krippe war eine Weihnachtsdeko.

Mit großer Wahrscheinlichkeit ist heute vieles anders. Was sagen wir unseren noch kleineren Kindern und Enkelkindern?

Dürfen sie die Krippe berühren, mit der Krippe spielen? Dürfen sie entdecken, wie nah Gott ist? Wie sehr unser Glaube zum Leben gehört? Oder haben wir ständig Angst, dass jemand oder etwas unseren Gott kaputt machen könnte?

Ich hoffe, dass heute in vielen Häusern keiner böse schaut, wenn die Kinder mit der Krippe spielen und Maria auf einem Spielzeug-Einhorn reitet. Wenn das Christkind mit einem Auto durch das Wohnzimmer gefahren wird. Wenn sich zwischen Ochs und Esel ein Playmobil-Krokodil verirrt. Und dass dann niemand schimpft oder es verbietet, sondern mit den Kindern spricht, ihnen erzählt und zusammen den tieferen Sinn der Krippenfiguren entdeckt.

Und wenn alles unordentlich ist, dann ist das auch kein Problem. Am Abend oder am nächsten Morgen wird die Krippe wieder aufgeräumt. Die Figuren finden ihren Platz. Maria und Josef. Das Kind. Die Tiere. Die Hirten. Die Weisen aus dem Morgenland.

Übrigens: Was für eine bunte Gemeinschaft. Was für eine offene Stadt.

Da sollten wir unsere Maßbänder und Zollstöcke lieber gleich weglegen. Wer weiß, was der Balthazar sonst noch geglaubt hat. Und wer kann sagen, wie gebildet nun die Hirten waren und welche inneren Kämpfe der Josef durchlebte.

Weihnachten bedeutet: Gott kommt mitten hinein in unser unperfektes Leben. In unser Durcheinander. In unsere Fragen. In unsere Welt.

Die Krippe ist keine Weihnachtsdekoration.
Die Krippe ist ein Zeichen, eine Erinnerung, die wir jedes Jahr unbedingt brauchen: Gott kommt zu uns.

Gott ist da! Wie eine schützende Mauer.
In dieser Welt.
In unserem Leben.
Gott ist da! In unserer Mitte.

Amen.

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